Ein Konzertabend, der Klassik mit schwarzer Musikgeschichte verbindet, sorgte am Donnerstag im Admiralspalast für stehende Ovationen. Der US-amerikanische Musiker Jon Batiste zeigte dort nicht nur seine musikalische Vielseitigkeit, sondern auch seine Fähigkeit, das Publikum aktiv einzubinden. Sein neues Album verbindet Beethovens Werke mit Gospel, Blues, Jazz und Pop. Die „Maestro Tour“ führte ihn nun nach Berlin, wo über 1.500 Zuschauer seine genreübergreifende Performance erlebten.
Beethoven und New Orleans im Admiralspalast
Jon Batiste präsentierte im Berliner Admiralspalast seine ganz eigene musikalische Vision: eine Verschmelzung von europäischer Klassik und afroamerikanischen Musiktraditionen. Der 1986 in New Orleans geborene Künstler spielte unter anderem Bearbeitungen von Beethovens „Mondscheinsonate“, „Für Elise“ und „Ode an die Freude“. Diese Klassiker verband er mit Einflüssen von Duke Ellington, Thelonious Monk und traditionellen Spirituals wie „When the Saints Go Marching In“.
Dabei ging es nicht nur um Musik, sondern um kulturelle Verbindungen. Batiste betrachtete die Klassik nicht als abgeschlossenes System, sondern als formbares Material. Er brach bewusst mit der Vorstellung der „unberührbaren Hochkultur“, um Raum für Diversität und Improvisation zu schaffen. Unterstützt wurde dies durch den Einsatz von Bluesstrukturen, rhythmischen Variationen und emotionaler Dynamik, die stark von der Musik des schwarzen Südens der USA geprägt ist.
Publikum als Teil der Performance
Bereits mit dem ersten Stück aktivierte Batiste das Publikum – Mitsingen, Klatschen und sogar Rufen waren ausdrücklich erwünscht. Trotz des vermeintlich klassischen Konzertsettings – ein Flügel auf leerer Bühne – entwickelte sich der Abend schnell zu einem interaktiven Erlebnis. Die Zuschauer wurden zum Chor, angeleitet von einem erfahrenen Bühnenkünstler, der als musikalischer Leiter der Late-Night-Show von Stephen Colbert bekannt wurde.
Zwischen den Stücken erklärte Batiste musikalische Grundlagen, etwa das Prinzip von „Call and Response“ oder die geschichtliche Bedeutung des Tritonus, der im Mittelalter als „diabolus in musica“ galt. Sein pädagogischer Ansatz kam dabei nie belehrend daher, sondern war immer spielerisch und lebendig. Damit bot er auch musiktheoretisch interessierten Zuhörern eine zusätzliche Ebene des Erlebens.
Von Soul bis Synthesizer
Jon Batiste nutzte das gesamte Spektrum des Klaviers – als melodisches, rhythmisches und perkussives Instrument. Er wechselte fließend zwischen klassischen Passagen, Improvisationen und modernen Klangeffekten. Besonders eindrucksvoll war der Einsatz eines Synthesizer-Pads, mit dem er Live-Samples in die Klavierpassagen einarbeitete. Auch seine Melodika kam zum Einsatz – ein für Popkonzerte ungewöhnliches, aber wirkungsvolles Element.
Zu den Highlights gehörten eigene Kompositionen wie „I Need You“, deren zentrale Zeilen „In dieser Welt mit vielen Problemen, brauchen wir nur ein wenig Liebe“ vom Publikum gemeinsam gesungen wurden. Die Botschaft war klar: Musik als Mittel der Verbindung und Freude. Batiste selbst sieht seine Aufgabe nicht nur im Musizieren, sondern im Brückenbauen zwischen Stilen, Epochen und Menschen.
Preise, Projekte und Perspektiven
Jon Batiste wurde für seine Arbeit mehrfach ausgezeichnet. Gemeinsam mit Trent Reznor und Atticus Ross erhielt er 2021 einen Oscar und einen Golden Globe für die Filmmusik zu Pixars „Soul“. Sein Album „We Are“ wurde im selben Jahr mit fünf Grammy Awards prämiert. Auch seine aktuelle „Maestro Tour“ wurde von der Fachpresse und dem Publikum in Europa mit großem Interesse aufgenommen.
Sein Berliner Konzert war Teil einer Serie von Auftritten, mit der er sein neues Album präsentiert – das erste einer geplanten Reihe, in der er klassische Meisterwerke mit afroamerikanischer Musiktradition kombiniert. Für die kommenden Monate sind weitere Konzerte in Paris, Amsterdam, Wien und Zürich geplant.
Zentrale Fakten zum Konzertabend in Berlin:
-
Ort: Admiralspalast, Berlin
-
Datum: Donnerstag, 12. Juni
-
Künstler: Jon Batiste (Klavier, Gesang, Melodika, Synthesizer)
-
Programm: Beethoven-Bearbeitungen, eigene Stücke, Jazz, Gospel
-
Publikum: ca. 1.500 Zuschauer
-
Besondere Merkmale: Interaktive Elemente, musiktheoretische Erklärungen, Live-Sampling
Mit seinem genreübergreifenden Ansatz hat Jon Batiste nicht nur musikalisch überzeugt, sondern ein Zeichen für Offenheit, Kreativität und kulturellen Austausch gesetzt.
Quelle: RBB24